Co-Creation: Kunden vorausdenken lassen

Schon der Testlauf funktionierte: Als Claudia Lang und Stefan Keck kürzlich ihr Geschäftsmodell vor Studenten präsentierten, konnten sie gleich die ersten Ideen einsammeln. Eine Handyversicherung wünschten sich die Teilnehmer des Workshops, und eine Snowboardversicherung wäre doch auch prima.

Was im kleinen Kreis Anregungen hervorbrachte, soll digital noch besser funktionieren: Auf ihrer frisch gestarteten Plattform Community Life wollen Lange und Keck mit Nutzern Ideen für Versicherungsprodukte sammeln – und dann einer Assekuranz zur Verfügung stellen, die diese Wünsche umsetzt. „Je mehr Menschen wir vertreten, desto besser können wir verhandeln“, sagt Lang. „Es besteht ein großes Interesse in der Branche, neue Wege zu beschreiten.“

Co-Creation haben die beiden das Modell getauft. Unter Begriffen wie Crowdinnovation oder Open Innovation arbeiten ähnliche Initiativen, bei denen Unternehmen auf die Anregungen von außen setzen, um Produkte oder Dienstleistungen zu kreieren oder zu überarbeiten. „Viele Dienstleister sind heute von der Digitalisierung bedroht, die können gar nicht schnell genug sein mit den Innovationen“, sagt Catharina van Delden, Gründerin von Innosabi, einem Technologieanbieter für gemeinsame Innovationsprozesse. „Und man kann nur erfolgreiche Angebote schaffen, wenn man sich früh genug mit dem Kunden abstimmt.“

Gleichzeitig steigt das Bedürfnis bei vielen Konsumenten, bei Produkten mitzureden. Community Life hat das mit einer Umfrage abgesichert: 77 Prozent der Befragten gaben an, dass sie es toll fänden, wenn ihr Versicherer sie beim Verbessern von Angeboten einbeziehe. „Mit so einem Prozess kann ich meine Marke und mein Unternehmen ganz anders darstellen“, sagt van Delden. Wichtig dabei ist: Die Ideen dürfen nicht versickern, sonst fühlen sich Kunden verprellt.

Engagierte Nutzer sind gefragt – das erfordert ein behutsames Vorgehen. Als die Postbank vor zwei Jahren ihr „Ideenlabor“ einführte, um sich Anregungen zu holen, wurden Nutzer Schritt für Schritt eingebunden und in unterschiedlicher Intensität beteiligt.

Die Messe München startete 2014 ein Angebot rund um die Sportartikelmesse Ispo, das Händler und Hersteller mit Fachbesuchern zusammenführt. Die gemeinsame Plattform für die Branche erspart es einzelnen Marken, mühsam ein eigenes Forum zu etablieren.

Das Verfahren hat auch Grenzen – gerade bei komplexeren Dienstleistungen. „Es muss nicht alles ausschließlich offen sein“, sagt van Delden. „Ein Unternehmen hat ja zu Recht Mitarbeiter, die sich sehr intensiv mit den jeweiligen Themen auskennen.“ Elementar für eine erfolgreiche Crowdinnovation sei die klare und offene Kommunikation. Teilnehmer sollten stets wissen, was aus ihren Vorschlägen wird – und warum bestimmte Ideen nicht weiterverfolgt wurden.

Erschienen im Handelsblatt am 29. April 2015

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